Ostern in der Alxingergasse – Ostermontag

Am Ostermontag ist es seit Jahren Tradition, dass Hr. Pius R. Feiler CanReg, Augustiner Chorherr in Klosterneuburg, der in unserer Gemeinde aufgewachsen ist, die Hl. Messe mit uns feiert. Hr. Pius hat uns seine für heute vorgesehene Predigt zukommen lassen. Dazu hören wir „Der Heiland ist erstanden“ gespielt von unserer Organistin Gabriele Pohanka-Steiner und wir sehen ein Bild vom Plakat unserer Erstkommunion-Kinder in der Kirche, deren Motto „Mit Jesus auf dem Weg“ gut zum Thema des Ostermontags passt.

Zwei Jünger haben sich abgesetzt von den Aposteln in Jerusalem. Nicht am Karfreitag, in der Stunde der größten Verzweiflung, sondern in der Aufregung des Ostertages. Sie haben sich abgesetzt von den 11 Aposteln und den anderen Jüngern und sind unterwegs in ein Dorf?– 11 Kilometer entfernt von Jerusalem. Sie gehen ihren eigenen Weg.

Wie gerne würden wir in diesen schweren Tagen nicht auch unseren eigenen Weg gehen? Doch gerade in dieser Erzählung dieser beiden Jünger lässt sich exemplarisch zeigen, wie christlicher Glauben möglich ist – nach Ostern und auch in dieser Zeit.

Für alle, die den Glauben – nicht ohne Grund – am besten unter den Fittichen der Apostel und der Bischöfe als ihrer Nachfolger aufgehoben sehen, werden Schwierigkeiten haben, sich diesem Evangelium zu stellen. Denn noch einmal: Die beiden jungen Männer setzen sich ab von den Aposteln und der Gemeinde in Jerusalem. Sie tun dies nicht als Flucht und Angst am Karfreitag, sondern weil sie am Ostertag eine Apostelschar in Verwirrung und Kleinglauben erlebt haben, eine Kirche, die nicht weiß, was sie glauben soll. Und wir erleben heute eine Kirche, die nicht weiß, wie sie glauben und den Glauben leben soll.

Zwei Jünger sind unterwegs. Dass sie sich von den Aposteln abgesetzt haben, ändert nichts daran, dass sie Jünger sind. Sie reden miteinander über Nichts anderes. Sie können darüber reden, was Ihnen für ihr Leben wichtig ist – und was ihnen genommen ist.

Die Erfahrung der beiden Jünger ist keineswegs, dass sie auf einmal Jesus gesehen hätten. Im Gegenteil, erst später ist ihnen klar geworden, dass in dem Fremden, der sich ihnen angeschlossen hatte, Christus selbst ihnen nahe gekommen ist.

Wenn man die meisten fragen würde, ob sie Christus schon einmal begegnet sind, könnten sie auch nur mit einem „Nein“ antworten. Es scheint es zu geben, dass mystisch begnadete Menschen so etwas wie Christus-Begegnungen haben. Manche reden davon, aber ein leichtes Misstrauen ist dem meist entgegenzubringen.

Die beiden Jünger haben mit einem Fremden gesprochen. Es heißt ausdrücklich, dass ihre Augen mit Blindheit geschlagen waren, dass sie Jesus nicht erkannten. Dass aber genau ist eine ganz normale Situation: Dass ich nicht überall Jesus identifiziere, sondern die Menschen, die mir begegne ernst nehme, wie sie mir begegnen. Vor allem das eine: Dass ich für die Frage, was ich hoffen, was ich lieben, was ich glauben kann auf andere höre. Es könnte sein, dass dabei unser Herz anfängt zu brennen, wenn wir merken, dass uns andere etwas Wertvolles vom Leben sagen können.

Als es Abend wird, laden die beiden den Fremden von unterwegs ein, mit ihnen in das Gasthaus zu gehen. Das Evangelium ist also eine Einladung zur Mündigkeit im Glauben. Es ist die Aufforderung die Menschen ernst zu nehmen, die mich – vielleicht ganz zufällig – ein Stück auf meinem Lebensweg begleiten. Es könnte sein, dass das Gesprächsthema dabei nicht – wie bei den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus – die Deutung der Heiligen Schrift ist. Zumeist reden wir nicht über den Glauben. Das Thema ist zu unanständig – entsprechend dem gültigem Moralkodex. Dennoch kann ich Christus dort begegnen, wo ich andere ernst nehme und höre, was sie mir sagen – auch wenn es zur Zeit nur über das Telefon oder das Internet möglich ist.

Damit stellt sich aber die Frage, was das Kriterium dafür ist, dass ich nicht schlichten Unsinn in meine Erfahrung hineindeute. Woran merke ich, wenn ich zwar meine, Gott zu begegnen, aber doch nur meinem eigenen Theoriegespinst nachhänge?

Die Erzählung von den Emmausjüngern endet damit, dass die beiden zurück gehen nach Jerusalem. Sie vergleichen ihre Erfahrung dort mit der Erfahrung des Petrus und der Apostel. Deren Erfahrung ist sehr verschieden, aber sie lässt sich vergleichen. Die Erfahrung der anderen gibt die Möglichkeit, meine Erfahrung kritisch zu sichten.

Die Sprache der Apostel stammt aus einer anderen Zeit. Die Bilder und Theorien, wie die Tradition der Kirche über den Glauben an Jesus Christus spricht, ist nicht aus unserem Alltag genommen. Eben diese Tradition wird aber zur Vergewisserung darüber, ob ich mit der Deutung meiner Erfahrung und in meinem Nachdenken über Gott ganz in mir gefangen bin. Die Tradition in ihrer Fremdheit ist für mich die Chance, meine Erfahrung auf den Prüfstand zu stellen, ob ich Gott für mich privat definiert und gepachtet habe oder nicht.

Das Osterevangelium von den Emmausjüngern fordert auf zum Aufbruch, weg aus der Enge, die die Emmausjünger bei den Aposteln erlebt haben. Das Evangelium zeigt exemplarisch, wie Glaubenserfahrung gemacht werden kann. Es fordert dazu auf, meinen Glauben kritisch an dem zu prüfen, was Gott über die Zeiten hinweg der Gemeinschaft der Kirche an Erfahrung geschenkt hat. Denn nicht ich alleine glaube, sondern „wir glauben“ – nicht umsonst beginnt das sogenannte große Glaubensbekenntnis mit dem „Wir“. Und das tun wir auch in unseren Häusern, in unserer Familie, wenn wir uns zur Zeit leider nicht in unserem geliebten Gotteshaus versammeln können. Die Kirche bewahrt durch alle Zeiten diesen Schatz des Glaubens, an dem wir uns immer wieder orientieren dürfen und sollen.

Ich wünsche unserer Gemeinde in der Alxingergasse, Ihnen allen, diese Erfahrung der Emmausjünger, dass wir nicht allein sind – auch wenn wir uns im Moment vielleicht so fühlen – sondern dass der Auferstandene mitten unter uns ist und uns durch diese Zeit begleitet.

Ihnen allen ein gesegnetes Osterfest und trotz aller Widrigkeit der Umstände: Frohe Ostern!

Pius R. Feiler Can. Reg.