Man muss auf dem Grund gewesen sein
Cecily Corti im Gespräch mit Hubert Arnim Ellissen
Menschen im Gespräch – Kirche am Keplerplatz
 
Ein sehr berührender und zum Nachdenken anregender Abend war es, als Cecily Corti über ihre Erfahrungen „auf dem Grund gewesen zu sein“, Wege aus der Tiefe und ihre Lebensaufgabe, sich um Menschen ohne Obdach zu sorgen, sprach.
 
„Warum stirbt man nicht an seelischem Schmerz?“
Schon früh war Corti der Trauer ihrer Mutter ausgesetzt, die um ihren Mann trauerte, der 1945 nicht aus dem Krieg nach Hause kam. Sie sprach davon, dass die entscheidende Prägung der Schmerz ihrer Mutter war und die eigene Trauer um den Vater erst viel später stattfinden konnte.
 
Die Erlebnisse ihres Lebens zu reflektieren – eine Aufgabe, die jede und jeder von uns wahrnehmen sollte – begann sie im Alter von 42 Jahren – nach Begebenheiten, die sie in ihrem Leben „den Grund“ sehen ließen. Dabei kam sie, die in tiefgläubiger Umgebung aufgewachsen war, mit einer Zen-Meisterin in Kontakt. Auf ihrem Weg ins Leben zurück, in kleinen Schritten, hatten Religion, der Glaube an Gott und die Weisheit des Zen nebeneinander Platz. Mehr noch, ergänzten einander, dass die Liebe zum Leben wieder die Oberhand gewann.
 
Nach Zeit der Stille – Energie zum Welt-Verändern
Nach dem Tod ihres Mannes, dem Erwachsenwerden der Söhne, wurde die Frage nach dem „was kann ich noch tun“ immer stärker. Nach Reisen nach Indien und Guatemala hörte sie in einem Vortrag Pfarrer Pucher aus Graz darüber sprechen, in Wien ein VinziRastDorf zu gründen. Sie war von seinem Engagement, seiner Liebe zu Menschen so beeindruckt, dass sie sofort begann, aktiv zu werden. Sie gründete die VinziRast, die ein Ort der Akzeptanz, der Ruhe, des Angenommenseins für Menschen wurde.
 
3 Grundsätze sind es, die leiten:
·      Kein Urteil
·      Kein Vorurteil
·      Keine Erwartungen
 
Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.
Vaclav Havel
 
In der VinziRast wird Begleitung angeboten, es geht um Verbesserung der Lebensqualität, Verlängerung des Lebens. Menschen annehmen, mit all ihren Schwächen, mit all den Problemen, die wir sehen – das braucht Achtsamkeit in mindestens zwei Richtungen: zum einen heißt es für alle Mitarbeitenden mit sich selbst achtsam umzugehen, um dann aus dieser Kraft den Menschen mit Mitgefühl, Achtsamkeit und Ehrfurcht zu begegnen und heilsame Gemeinschaften zu ermöglichen.
Diese Wege der Achtsamkeit mit sich selbst und mit anderen brauchen eine Zeit der Einübung, des Wahrnehmens bis sie übergehen in eine Lebenshaltung.
 
Auf die Frage nach den drei Werten, die ihr persönlich wichtig sind, nach Wertesäulen, auf denen ihr Leben ruht, antwortet sie mit einer Demut, die neu und anders zum Nachdenken bringt:
*     Wahrheit
*     Authentizität
*     Schönheit, als sehr umfassenden Wert und Begriff, der Gerechtigkeit beinhaltet, das was mit gut tut, das Wissen um einen Bezug zu etwas, das mich übersteigt:
Das Geheimnis vor dem ich mich in Demut beuge. 
 
Es war ein Gespräch gefüllt mit Liebe zu dem Leben und zu den Menschen, durch das Hubert Arnim Ellissen sehr behutsam und mit großem Respekt und großer Ehrfurcht führte.
 
Vielen Dank für diesen Abend.
 
Barbara Radlmair