Aus der Ansprache zur Ausstellungseröffnung am 28. Mai 2021
 
Heute Abend kehrt eine Frau in diesen Kirchenraum zurück, der für sie ein Ort des Kraftschöpfens und Auflebens war. Wohl auch ein Ort des Verweilens – zum Abladen genauso, wie zum Anbeten.
Marianne Puschner, Lehrerin, Künstlerin, Mutter, Ehefrau. Geliebter Mensch. Etwa vier Jahre lang kämpfte Marianne gegen eine Krebserkrankung. Im Frühjahr 2018 verlor sie aufgrund einer Strahlentherapie ihr Kopfhaar.
Eines Tages äußerte sie die Absicht, den kahlen Kopf künstlerisch einsetzen zu wollen. Und so entstanden 13 Bilder, wo Marianne mit bemaltem Kopf zu sehen ist.
Dazu hat sie sich 5 mal den Kopf bemalen lassen bzw. auch selbst bemalt. Einmal dominiert die Farbe Grün, einmal Blau. Dann finden wir Marianne mit ihrer Maske, die für die Bestrahlung nötig war, mit blauer Bemalung, die durchlöchert ist. Als ob sie sagen möchte: die Strahlen der Therapie haben mich durchdrungen.
Dann sehen wir Marianne mit weiß bemaltem Kopf. Darauf, wie eingestickt, in rot gehaltene Kreuze. Sie greift ein früheres Projekt auf, wo sie gefilzte Köpfe gemacht hat, in die sie mit roten Fäden Kreuze eingestickt hat.
Da können viele Bilder in einem auftauchen. Bilder von geschundenen Menschen. Bilder von geschundener Erde. Bilder von Verwundungen, die wir uns gegenseitig zufügen, aber auch Bilder von Wunden, die uns das Leben beibringt.
Ich kann mir nicht helfen, aber mir kommen auch Bilder des gegeißelten Jesus in den Sinn, oder das Haupt Jesu, das mit einer Dornenkrone versehen wurde.
 
Wo ist Hoffnung? Wo Zukunft? Wo ist Heilung, wo Leben?
Leben ist allemal in allen Bildern. Und wie es spricht.
Und wie sehr Marianne uns, die Betrachter, anspricht!
Es sind ihre Augen, die immer klar sind. Sie schauen, sie sehen, sie betrachten, sie meditieren. Sie mustern, sie wägen ab. Sie leuchten!
Sie schauen nach innen, sie schauen nach außen. Sie sehen Leben – überall! Leben und Liebe. Sorge und Angst. Hoffnung und Zuversicht …
Bleibt noch das letzte Motiv, das Motiv der bunten Ähre. …
Es ist ein Bild des Lebens, des Frucht-Bringens, 60 fach, 80 fach, 100 fach. Biblisch eben, und typisch für Marianne.
Dabei wiegt sie sich im Wind. Oder genießt die Sonne des Himmels oder die Sonne, die aus einem menschlichen Gesicht aufleuchtet, wenn es mich freundlich anblickt, anlächelt, mir Mut zuspricht.
 
Angesichts, so das Thema, der Ausstellung. Ein Titel, der, wie die Bilder, zum Nachdenken anregen will … und zum Verweilen, zum Sinnieren, zum Beten, zum Danken …
P. Matthias Felber SVD, Pfarrer)